Historisches
Im Seelingstädter Geschichtsbuch geblättert:
Wussten Sie schon?
17.02.2017
Am 25. Februar 2017 jährt sich der Geburtstag von Moritz Hingst zum 170. Mal.
Wer war Moritz Hingst und was sollte man über ihn wissen?
Er wurde 1847 in Gorschmitz bei Leisnig geboren. Mit 100 Jahren und 19 Tagen war er bis vorigen Jahres der älteste Einwohner von Seelingstädt. Er war Ehrenmitglied im Männergesangverein und hat 52 Jahre lang als Brennmeister im Rittergut Seelingstädt gearbeitet. In seinen jungen Jahren war er Soldat im königlich-sächsischen Infanterieregiment 107. Er war als Hornist in der alten Pleißenburg (heute: Neues Rathaus Leipzig) stationiert.
Im Deutsch-Französischen Krieg blies er am 18. August 1870 in der blutigen Schlacht bei Gravelotte unter Kronprinz Albert von Sachsen zum entscheidenden Angriff.
Nach seiner Soldatenzeit wohnte er ab 1876 in Seelingstädt. Seine Ehe blieb kinderlos.
Auf dem Friedhof steht noch heute sein Grabmal aus hellem Kalkstein gehauen. Es trägt die Inschrift: „Der müde Pilger legt ab den Wanderstab.“
Übrigens hat sich am 30. Januar diesen Jahres der Todestag von Karl Graupner, einer weiteren Dorflegende, zum 55. Mal gejährt.
Wussten Sie schon?
12.03.2017
Wrba, einer der namhaftesten Bildhauer und Grafiker des 20. Jahrhunderts hat sich mit seinen über 3000 Plastiken in 50 deutschen Städten unsterblich gemacht. Geboren im Januar 1872 in München, gestorben im Januar 1939 in Dresden. Bedeutende Werke in unserer näheren Umgebung sind u.a. im Neuen Leipziger Rathaus, im Wurzener Dom, das Kriegerdenkmal auf dem alten Wurzener Friedhof, die Wandgrabstelle der Fabrikantenfamilie Wiede auf dem Friedhof in Trebsen und das Familiendenkmal der Familie Brettschneider-Bodemer in Seelingstädt zu bewundern. Letzteres wurde 1920 aus Travertin (heller Muschelkalk) errichtet. Der aufmerksame Betrachter wird ein wenig das Brandenburger Tor in Berlin wiedererkennen. Es ist mit zwei Sichtnischen versehen, welche den Blick auf die dahinter liegenden Felder der Familie BB freigaben. Des Weiteren stehen auf dem Grabfeld zwei Säulen, eine voll ausgebildete korinthische und eine abgebrochene Säule. Sie symbolisieren einerseits das vollendete und andererseits das zu früh abgebrochene Leben. Ein im Steilflug dargestellter Adler soll an den Absturz des Fliegers Moritz Brettschneider-Bodemer im Kriegsjahr 1918 erinnern. Wrba, der in seinen Werken zwischen Antike und Moderne alle Genres bediente, errichtete des Seelingstädter Denkmal im neoklassizistischen Stil. Nach Aufgabe der Grabstelle durch die Familie Brettschneider (Kretzschmar) wurde das Denkmal durch den HV einer Sanierung unterzogen. Nur wenigen Menschen ist der kultur-historische Wert dieser Grabanlage bewusst.
Wussten Sie schon
10.06.2017
Wussten Sie schon, dass wir steinreich sind, Kohle ohne Ende, Kies und Schotter in Hülle und Fülle haben. Liebe Leser, ehe Sie in die falsche Richtung denken, mein Focus ist auf die Geologie gerichtet. Unser Steinreichtum rund um und unter Seelingstädt entstand im Perm, also vor ca. 270 Mio. Jahren. An den höher liegenden Gesteinsschichten wurden Ende des 19. Jahrhunderts viele kleine Aufschlüsse getätigt. Es war auch die Geburtsstunde der mittelsächsischen Gesteinsindustrie. Übrig geblieben sind viele kleine und zwei große Restlöcher (Colm- und Hengstberg). Viele Jahre später im Tertiär (50 Mio. Jahre) entstand im Leipziger Raum durch absterben und überdecken mit Sedimenten die Braunkohle. Im Südwesten der Seelingstädter Flur (westl. Grm Str., links und rechts Beiersdorfer Str.) sind größere Vorkommen. Sie wurden ab 1861 mit Unterbrechungen bis 1931 zuerst im Alfred-Schacht, danach im Schacht „Gottes Segen“ unter Tage abgebaut. Um die Jahrdausendwende wurden aufwendig alte Stollen mit Filterasche verpresst. Aber selbst im Jahre 2011 gab es noch einen Erdfall, welcher 2012 aufwendig verpresst wurde. In der nachfolgenden geologischen Ära des Eozän wurden in der Folge so genannte lockere Sedimente, also Sande (weiß bis rötlich) angespült und verfestigt. Der Lauf des Kranichbaches darf als kleineres Urstromtal angesehen werden. Die nähere Umgebung ist fast nur in weiser Sandform (Schloss Seelingstädt als auch der Speicher stehen auf weißem Sand) Rote Sandvorkommen gibt es am Fuchsberg, Schafberg und am Han, Randgebiete des Urstromtales.
Seien Sie nicht traurig, liebe Leser, Seelingstädt ist viel reicher als wir denken.
Wir haben einen Speicher, wir haben viele Vereine, welche gut miteinander arbeiten und gestalten, wir haben eine gute Dorfgemeinschaft. Das ist wahrer Reichtum.
Bernd Möbius
Wussten Sie schon
Kriegerdenkmal , 9.12.2017
Das Kriegerdenkmal in Seelingstädt ist eines von vielen tausend Denkmälern, welche nach dem 1. Weltkrieg in Deutschland zu Ehren der Gefallenen und nicht heimgekehrten Väter und Söhne und somit der Familienernährer, errichtet wurde. Kriegsende war bekanntlich Herbst 1918, aber die Unterzeichnung des Friedensvertrages erfolgte erst am 28. Juni 1919. Von dem wenigen, was der Krieg übrig gelassen hat, sind auch in Seelingstädt Spenden gesammelt worden, um der hohen Anzahl der hiesigen „Kriegshelden“ ein bleibendes Denkmal zu setzen. Hauptgeldgeber waren die Bauernschaft und die Rittergutsfamilie Brettschneider-Bodemer. Über den Baumeister ist nichts bekannt, als Baumaterial wurde Beuchaer Granitporphyr verwendet, die Bauweise jedoch ist eine Symbiose zwischen Geländeanpassung und germanischer Mythologie. Da das Denkmal eine Immobilie der Gemeinde ist, wurde es außerhalb des Kirchgeländes an einen Berghang, aber in Nachbarschaft des Friedhofes und auch des Gemeindeamtes errichtet. Es wurde bekrönt mit drei Linden. Diese finden sich auch in unseren Dorfwappen wieder. Mit der nötigen Phantasie kann man einen Torbogen erkennen, dessen Eingang nach Walhalla (Ruhestatt für gefallene Krieger) führen könnte. Bis 1945 war in den so genannten Bogen ein stehendes Schwert mit einem aufgehängten Stahlhelm dargestellt. Nach dem 2. WK wurde die Platte überarbeitet und durch den Schriftzug „Die Toten mahnen zum Frieden“ ersetzt. Links wie rechts befinden sich zwei Sitznischen, welche zur Trauer und stillem Gedenken der Angehörigen gedacht waren. Das Denkmal hielt in der DDR-Zeit einen Dornrösschenschlaf, da es als Relikt der Kaiserzeit und des Militarismus gebrandmarkt wurde. Im Jahr 1996 entfernten Kameraden der FF Seelingstädt in Eigeninitiative den Wildwuchs und pflasterten das Areal. Seit dem gedenken die Kameraden der FF gemeinsam mit dem HV jedes Jahr zum Volkstrauertag der Opfer und Vertriebenen der Kriege 1870/71, 1914-1918 und des wohl schlimmsten Krieges 1939-1945. Den Gefallenen des Krieges 1870/71 ist in der Kirche eine Namenstafel gewidmet, jedoch die Opfer des 2. WK sind namenlos, da sie in der Stalinzeit als Kriegsverbrecher hingestellt wurden. Im Jahre 2021 wird sich die 100 jährige Einweihung jähren. Lasst uns was tun gegen das namentliche Vergessen. Wir wollen keine Kriegshelden, wir wollen nur ihr Opfer als Mahnung nehmen.
Bernd Möbius
Wintergedanken, 07.03.2018
Liebe Leser, müssen Sie nicht bei diesem Wetter auch automatisch an ihre Kindheit denken. Da waren die Winter noch viel schöner und beständiger und vor allem schneereicher.
In meiner Kindheit waren meine Eltern noch selbständige Bauern und ich durfte eine wunderbare Kindheit im Zusammenleben mit Kühen, Schweinen, Schafen, Enten und Gänsen verbringen. Natürlich war auf jeden Bauernhof auch jedes Kind in gewisse Arbeitsabläufe eingebunden, aber es war trotzdem ein schönes stressfreies Leben. Bei den derzeitigen Schneefall am 06. und 07. März fällt mir automatisch die Futterversorgung des Viehes ein. Bis weit in die die 60er Jahre hatten die meisten Bauern ihre Futtervorräte für den Winter eingemietet. Manch einer im großen Garten, manch einer auf dem Feld. Bei uns wurden die Futterrüben im Garten und die Rübenblätter auf dem Feld zur Silage eingemietet. Da die Felder nur über weitläufige Wirtschaftswege erreichbar und im Winter komplett zu geschneit waren, war es fast unmöglich, die Futterstätten mit Fuhrwerken zu erreichen. Dem zufolge hatte fast jeder Bauer sich einen Lastenschlitten zu gelegt, so dass die Futterversorgung gewährleistet war und die Feldwege nicht beräumt werden mussten. Für mich war es damals Arbeit und Abenteuer zugleich. An manchen Sonntag wurde auch mal unser Fuchs vor unsere Schlitten gespannt und mancher Nachbar hängte sich unterwegs mit ein. Übrigens wurden innerorts die Straßen sogar bis in die 70er Jahre mit dem Schneepflug des Rittergutes beräumt, natürlich mit Traktor „Pionier“ als Zugmaschine. Salz wurde zu der Zeit noch nicht verwendet, nur Splitt, aber eben in einer Dosis, wo Schlittenfahren auf der Dorfstraße noch möglich war. Es war eine schöne Zeit.
Bernd Möbius